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Helfen, aber wie?

Zunächst sollte Ihnen aber klar sein, dass der Alkoholkranke in jedem, der ihm helfen will einen Gegner sieht, der ihm seinen Alkohol wegnehmen will. Rechnen Sie in jedem Fall mit zum Teil aggressiver Gegenwehr! Erst wenn der Betroffene selbst erkannt hat, dass er ein Alkoholproblem hat, ist er bereit sich helfen zu lassen und etwas zu unternehmen. Diese Einsicht wird aber nur erreicht, wenn der Betroffene an den Folgen seiner Trinkerei mehr leidet, als der Alkoholkonsum ihm andererseits noch Lustgewinn oder Trost verschafft. Erst unter diesem Leidensdruck wird er bereit sein, sich helfen zu lassen.

Bis zu dieser Erkenntnis des Alkoholkranken haben Sie es in der Angehörigenrolle sehr schwer. Wenn Sie erkannt haben, dass ein Ihnen nahe stehender Mensch ein Alkoholproblem hat, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Suchen Sie für sich selbst eine Beratungshilfe (z.B. Sucht- oder Familienberatungsstelle, Selbsthilfegruppe). Dort können Sie offen über Ihre Probleme sprechen und bekommen fachlichen Rat.
  • Informieren Sie sich über die Alkoholkrankheit! Je mehr Sie über die Krankheit wissen, umso besser können Sie mit ihr umgehen, auch als Angehörige/r.
    * Informieren Sie den behandelnden Arzt des Alkoholkranken über Ihre Beobachtungen und äußern Sie Ihren Verdacht hinsichtlich der Alkohokrankheit. Das hat nichts mit Verrat zu tun, sondern ist eine Möglichkeit, dem Betroffenen zu helfen.
  • Machen Sie keine Vorwürfe mehr, denn der Kranke macht sich diese selbst. Ständige Vorwürfe führen zu Aggressionen und können das Trinken verstärken.
  • Vermeiden Sie es, den Alkoholkranken zu kontrollieren. Das bringt nichts und reibt nur unnötig Ihre Nerven auf. Schlimmstenfalls ruft das Trotzreaktionen seitens des Alkoholkranken hervor. Auch das Zuteilen von gewissen Alkoholmengen ist sinnlos, das führt allenfalls vermehrt zum heimlichen Trinken. Wenn Sie dem Alkoholkranken seinen Stoff entziehen (durch wegschütten oder verstecken), wird er sich neuen Vorrat besorgen und/oder auch sehr aggressiv darauf reagieren.
  • Lügen oder vertuschen Sie nicht! Fehlt der Alkoholkranke beispielsweise bedingt durch seine Trinkerei am Arbeitsplatz oder versäumt er andere Termine, ist das sein Verschulden. Solche "Rettungsaktionen" Ihrerseits machen es dem Süchtigen leicht, weiterzutrinken, da er ja keine unangenehme Erfahrungen durch sein Trinken macht. Er muss selber für solche Ausfälle gerade stehen, das verschärft den Leidensdruck.
  • Versorgen Sie den Alkoholkranken nicht mit Alkohol! Wenn der Betroffene trinken will, muss er selber dafür sorgen! Auch das verschärft unter bestimmten Bedingungen den Leidensdruck enorm, beispielsweise wenn der Betroffene sich nach einem Alkoholexzess sehr schlecht fühlt und das wiederum mit Alkohol bekämpfen will.
  • Auch wenn es schwer fällt, versuchen Sie in allen Situationen sachlich zu bleiben. Finden Sie das richtige Maß - verhalten Sie sich nicht zu nachgiebig, aber auch nicht zu ablehnend. Der Alkoholkranke muss aus Ihrem Verhalten heraus erkennen und spüren, dass er Ihre Unterstützung hat, wenn er etwas gegen seine Krankheit unternimmt.
  • Versuchen Sie Streitsituationen zu vermeiden. Das ist in der Praxis nicht einfach, zumal der Alkoholkranke oft gerade mit dem Streit sucht, der ihm zu helfen versucht. Enttäuschungen und Verletzungen schmerzen sehr, dennoch versuchen Sie mit der Einstellung "Ein Kranker kann mich nicht kränken" zu leben.
  • Viele alkoholkranke Menschen haben bedingt durch ihren Alkoholkonsum finanzielle Probleme. Machen Sie dem Betroffenen bewusst, dass er Schulden hat, jedoch übernehmen Sie diese auf keinen Fall. Das würde sein Fehlverhalten vertuschen und keine Hilfe für den Betroffenen sein, weil er durch seine Alkoholabhängigkeit neue Schulden verursachen wird. Sie selber lassen sich dadurch in diesen Teufelskreis reinziehen.
  • Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen (Kindern, Verwandten, Freunden) sachlich über die Alkoholkrankheit, damit Verständnis und nicht Verachtung für den Alkoholkranken entsteht. Machen Sie den Alkoholkranken nicht zum Sündenbock der Familie, das würde nichts an der Situation ändern.
  • Ist Ihr Lebens- oder Ehepartner der/die Betroffene, dann machen Sie sexuellen Kontakt von Nüchternheit abhängig! Sie vermeiden damit Enttäuschungen und Erniedrigungen.
  • Wenn Sie Schritte androhen, etwas zu unternehmen, seien Sie in Ihrem Handeln konsequent! Ein ständiges Androhen von irgendwelchen Konsequenzen Ihrerseits wird nicht ernst genommen. Wenn der Alkoholkranke keine Konsequenzen zu befürchten hat, wird er sich nicht ändern.
  • Sprechen Sie mit dem Alkoholkranken über die Alkoholkrankheit und Hilfsmöglichkeiten, nur wenn er nüchtern ist oder zumindest einen nüchternen Eindruck macht.
  • Denken Sie bei allem auch an sich selbst. Unternehmen Sie Dinge, die Ihnen Spaß machen (Hobbies, Sport etc.). Üben Sie Gelassenheit durch Entspannungsmethoden oder autogenes Training.
  • Wenn Ihr trinkender Partner nicht einsichtig wird und sich die Situation immer weiter verschärft, machen Sie Ihre Trennungsabsicht deutlich (z.B. nachdrücklich durch einen Anwalt). Weisen Sie darauf hin, dass Sie bei Ihrem Partner bleiben werden, wenn er Hilfe annimmt und sich behandeln lässt. Auch hier ist Konsequenz wichtig und notwendig, denn ständiges Drohen wird nicht ernst genommen.

Wie kann ich dem "trockenen" Alkoholkranken helfen?
Der trockene Alkoholkranke muss lebenslang völlig auf Alkohol verzichten, denn schon die kleinste Menge Alkohol (z.B. in einem Dessert), kann einen Rückfall in die Sucht einleiten. Den Entschluss zum alkoholabstinenten Leben kann der Betroffene letztlich nur selbständig und alleine fassen. Als Angehörige haben Sie jedoch die Möglichkeit ihm in seiner Abstinenz unterstützend zu helfen.

  • Leben Sie gemeinsam mit Ihrem Partner alkoholabstinent! Wenn Sie mit Ihrem Partner gemeinsam auf Alkohol verzichten, zeigen Sie damit Einfühlungsvermögen und Verständnis. Sie meiden gemeinsam den Stoff, der zuvor Ihr gemeinsames Leben vergiftete.
    Alkoholkranke werden zwar selten die Mitabstinenz ihrer Angehörigen verlangen, sind aber dankbar, wenn diese ihnen selbstverständlich entgegengebracht wird und sie damit nicht alleine sind.
  • Sorgen Sie dafür, dass genügend und verschiedene alkoholfreie Getränke im Hause sind. Meiden Sie Alkoholvorräte im Haus! Machen Sie es zur Selbstverständlichkeit, dass es bei Ihnen keinen Alkohol gibt. Gastlichkeit kann man auch zeigen, indem man leckere alkoholfreie Drinks anbietet.
  • Sollte bei einer Feierlichkeit in Ihrem Haus doch Alkohol angeboten werden, sorgen Sie dafür, dass angebrochene Flaschen und Reste so schnell wie möglich entsorgt werden.
  • Meiden Sie Vorwürfe, die die Zeit vor der Abstinenz betreffen. Ziehen Sie einen Schlussstrich unter die Ärgernisse der Vergangenheit, denn diese Wunden dürfen nicht immer wieder aufgerissen werden. Schauen Sie nach vorne und nicht zurück.
  • Schließen Sie sich gemeinsam einer Selbsthilfegruppe für Betroffene und Angehörige an. Das ist sowohl für den Betroffenen, als auch für Sie nahezu lebensnotwendig! Sie laufen so nicht in Gefahr in die Isolation zu geraten, Sie lernen neue Freunde kennen, die Ihre Sorgen und Probleme teilen und ebenfalls abstinent leben.Sie brauchen die Gemeinschaft der abstinenten Gruppe, um Erfahrungen der anderen aufzunehmen und eigene Fehler zu vermeiden. Beispielsweise würde ein zu besorgtes und beschützendes Verhalten den trockenen Alkoholkranken beeinträchtigen und bedrücken.
  • Üben Sie wieder echte Partnerschaft ein! Während der Trinkzeit des Betroffenen war es notwenig, dass Sie alle Angelegenheiten regelten und häufig Entscheidungen alleine treffen mussten. Sie fühlten sich für den Kranken mitverantwortlich. Der Partner ist jetzt aber nüchtern und Sie können alles gemeinsam besprechen und regeln. Ihr trockener alkoholkranker Partner muss seine Erfahrungen selber machen können, dazu gehören auch schmerzliche Erfahrungen. Erst dann kann er lernen, wie er mit Enttäuschungen, Angst und anderen unguten Gefühlen umgehen kann, ohne gleich wieder zur Flasche zu greifen. Sie als Angehöriger müssen lernen, Ihrem Partner nichts von seinen Aufgaben abzunehmen, auch dann nicht , wenn Sie meinen, dass Sie es vielleicht besser machen würden. Darüber hinaus müssen Sie lernen, sich wieder um Ihr Leben zu kümmern, anstatt auf das Ihres Partners aufzupassen.
  • Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche. Sprechen Sie offen über Gefühle, Probleme, Sorgen, Ängste und Hoffnungen. Das schafft eine Vertrauensbasis, die durch die Trinkerei zerstört wurde. Achten Sie bei Meinungsverschiedenheiten darauf, sachlich zu bleiben. Versuchen Sie sich gegenseitig zu verstehen.
  • Machen Sie eine innerliche Inventur. Fragen Sie sich, was Ihnen fehlen wird, wenn der Abhängige nicht mehr abhängig ist. Im ersten Moment schein diese Frage etwas merkwürdig. Aber es ist wirklich ganz natürlich, dass Ihnen etwas fehlen wird, wenn sich etwas verändert. Sollten Sie sich über Jahre hinweg daran gewöhnt haben, Dinge zu tun, die die alkoholabhängige Person jetzt wieder selbst tun will, so heißt das nicht, dass Sie sich automatisch dabei wohlfühlen.

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