stationäre Hilfe
Die Suchtkrankheit hat immer eine lange Vorgeschichte; mit schnellen Erfolg ist nicht zu rechnen. Außerdem führet der Alkoholismus selbst zu einer starken Regression, also zu einem Rückschritt in der Persönlichkeitsentwicklung. Dieser Rückschritt ist am auffälligsten, wenn zu Alkohol noch andere Suchtmittel, z. B. Schlaf- Beruhigungsmittel, hinzukommen. Die Behandlung von Suchtkranken muss deshalb über einen längeren Zeitraum geplant sein. Wir sehen die stationäre Behandlung im Fachkrankenhaus als einen wichtigen Abschnitt der Gesamttherapie. für unerlässlich halten wir eine intensive Zusammenarbeit mit den ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen.
Im Einzelfall sieht dies so aus: Schon einige Monate bevor der Patient aufgenommen wird, hat er, angeregt von Angehörigen, vom Hausarzt oder vom Arbeitgeber, Kontakt aufgenommen mit einer Beratungs- und Behandlungsstelle für Suchtkranke, wie sie in jeder größeren Stadt zu finden sind. Dort hat er mit einem Sozialarbeiter oder Diplom-Psychologen Gespräche geführt. Er ist über die Suchtkrankheit und ihre Hintergründe sachlich informiert worden; es ist ihm dargelegt worden, welche therapeutischen Möglichkeiten es gibt, welche Schritte unternommen werden müssen. Die stationäre Behandlung in der Fachklinik ist nur eine dieser Möglichkeiten, auf die der Patient dann vorbereitet wird, wenn alle Beteiligten dies für sinnvoll halten.
Die Vorbereitung führt dazu, dass der Patient, der die Behandlung auf freiwilliger Basis antreten wird, bereits eine gewisse Einsicht in seine Schwierigkeiten gewinnt und den Wunsch entwickelt, sich von der Abhängigkeit zu lösen. Wenn alle Unterlagen (Kostenzusage, ärztliche Berichte, Attests, Sozialbericht, Freiwilligkeitserklärung) eingegangen sind, erhält der Patient ein Schreiben, indem ihm der Aufnahmetermin mitgeteilt wird. Der Patient sollte seine Hausarzt aufsuchen, damit dieser ihn noch einmal gründlich untersucht und nötigenfalls zur körperlichen Entgiftung ins Krankenhaus einweisen kann. Diese Krankenhausbehandlung dauert meistens nur ein bis zwei Wochen.
Die Übernahme erfolgt dann nahtlos. Am Tag der Aufnahme wird der Patient in der Regel von einem Mitarbeiter der Beratungs- und Behandlungsstelle oder von einem Familienangehörigen begleitet. Diese Begleitung geschieht, um den Patienten sicher ans Ziel zu bringen, zum anderen soll sie ihm zeigen, dass er diesen Weg nicht allein antreten muss. Es wird sehr darauf hin gearbeitet, das er Kontakt zur Beratungs- und Behandlungsstelle nicht abreißt und das die Patienten sich nach der Entlassung wieder dorthin wenden (Nachbetreuung). Auch sollten die Angehörigen möglichst früh in die Therapie einbezogen werden.
Bereits beim Stellen des Antrags auf Kostenübernahme unterschreibt der Patient eine "Freiwilligkeitserklärung". Dass diese Freiwilligkeit eingeschränkt ist, wird nicht überraschen. Jeder Patient hat entweder gesundheitlich oder psychosozial seinen Tiefpunkt erlebt: Klinikaufenthalt, Ehekrisen, Selbstmordversuche, Drohungen von Seiten des Arbeitgebers, Verlust der Arbeitsplatzes, Gefahr des sozialen Abstiegs, beginnende Kriminalität usw.
ein gewissen äußerer Druck ist immer vorhanden. In den allermeisten Fällen kommt jedoch eine persönliche Motivation hinzu. Zum Zeitpunkt der Aufnahme erkennen die meisten, dass sie in der Alkoholabhängigkeit gefangen sind. Sie erklären im Aufnahmegespräch - mehr oder weniger drastisch -, dass sie sich aus dieser Abhängigkeit befreien möchten.
Typische Antworten auf die Frage, warum sie die Behandlung beantragt hätten, lautet:
- "Wegen dem Trinken. Im Laufe der letzten Jahre ist es immer schlimmer geworden. Endlich habe ich eingesehen, das es so keinen Wert mehr hat."
- "Wegen der blöden Sauferei! Ich habe jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder ich kauf mir einen Strick, oder ich mache diese Behandlung."
- "Ich habe halt immer mehr Bier getrunken; jetzt bin ich krank. Ich möchte wieder so werden wie früher."
In einigen Fällen (etwa fünf Prozent) wird die Ursache nach außen gesehen: Eigentlich sei es gar nicht so schlimm; nur die ??rzte hätten dazu geraten; der Arbeitgeber habe darauf bestanden oder das Arbeitsamt; die Ehefrau hat etwas gegen Alkohol; andere hätten viel mehr getrunken.
Wenn es gelingt, mit Einfühlungsvermögen und Geduld auf diese Patienten einzugehen, wird die abwehrende Haltung in der Regel rasch gelockert und eine gewisse Krankheitseinsicht erkennbar.
Es gibt natürlich echte Grenzfälle, wo nur mit einer minimalen Einsicht zu rechnen ist, z.B. bei psychisch stark abgebauten Patienten. Damit ein Suchtkranker sich aus seiner Abhängigkeit befreien kann, muss er zunächst die Tatsache dieser Abhängigkeit anerkennen. Erst dann wird er den Willen entwickeln, sein Verhalten entsprechend zu ändern. Positive Erfahrungen werden ihn in einem neuen Verhalten bestärken.
Das Ziel der Behandlung ist die totale Abstinenz. Die Erfahrung zeigt, dass der Alkoholabhängige, wenn er einen bestimmten Punkt überschritten hat, nicht mehr in der Lage ist, auf Dauer mäßig zu trinken. Will er sich von der Abhängigkeit lösen, muss er auf jeglichen Alkoholkonsum verzichten.
Bedenkt man, wie sehr der Alkohol dass Leben des Patienten geprägt hat, wird klar, dass dieses Ziel nur durch eine weitgehende Umstellung in allen Lebensbereichen zu erreichen ist.
Erst die Abstinenz ermöglicht dem Kranken, sich persönlich weiterzuentwickeln und zu einer größeren Selbstverantwortlichkeit zu kommen.
Wichtig ist, dass Therapeut und Patient nicht nur auf die Defizite achten, sondern dass sie ihre Aufmerksamkeit auf die positiven Fähigkeiten lenken. Jeder Suchtkranke hat auch seine Stärken! Diese gilt es zu entwickeln und für die Bewältigung der Zukunft auszubauen. Sucht bedeutet eine Blockade des persönlichen Wachstums. Wie jede Droge ist der Alkohol eine Entwicklungsgift. Jetzt geht es darum, sich vom alten Verhalten zu lösen und neues auszuprobieren.
In der Fachklinik sind Mitarbeiter der verschiedenen Fachrichtungen tätig: Ärzte, Diplom-Psychologen, Sozialarbeiter, Sozialpädagoge, Arbeits- und Beschäftigungstherapeuten, Sporttherapeuten. Erst durch das kooperative Zusammenwirkung der Einzelnen in einem Team wird eine konsequente Behandlung möglich.
Das ist ein Idealfall!